Sonntag, 15. August 2010
Der Liebesbrief
Jedes Jahr werden weniger Briefe verschickt. Zum Füllfederhalter zu greifen und seine Gedanken auf Papier zu bannen, ist aus der Mode gekommen. Nachrichten an die Liebste werden per SMS oder Email versandt, aber können digitale Worte die handgeschriebene Liebeserklärung und das Erlebnis ein reales Zeugnis der Zuneigung des Partners in den Händen zu halten ersetzen?

Meinen ersten Liebesbrief verfasste ich im Alter von 12 Jahren, seitdem sind unzählige hinzugekommen. Mit jedem verfeinerte ich meinen Stil und mit dem Fortschreiten der Jahre erntete ich beständig positivere Resonanzen auf die Ergüsse meines Herzens. Dabei kam es in den letzten 5 Jahren immer häufiger vor, dass die Adressatin überrascht war, auf solch altmodische Art umschmeichelt zu werden. An der betörenden Wirkung ehrlicher, auf Papier gebrachter Zuneigung hat sich indes nichts geändert.

Woran liegt es also, dass die romantische Geste einer handschriftlichen Liebeserklärung in Vergessenheit gerät? Haben sämtliche Frauen ihre Ansprüche herunter geschraubt, geben sie sich mit einem Hdgdl zufrieden oder finden sie nicht mehr die Muße eine anachronistische Schwärmerei zu würdigen? Dass es ihnen nicht gefällt, mit Worten umgarnt zu werden, kann mir jedenfalls niemand weißmachen, soviel lehrten mich meine Erfahrungen.

Ich werde auch in Zukunft der Dame meines Herzens meine Hingebung handschriftlich überbringen und hoffe, damit nicht alleine zu sein. Ein Quäntchen antiquierte Romantik und Besinnlichkeit wird der hektischen Welt unserer Zeit gut tun, davon bin ich überzeugt.

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