Mittwoch, 22. September 2010
Die Grünen
Eine Partei mausert sich von der grauen Maus zum großen Gewinner der Wirtschaftskrise und den Entscheidungen der aktuellen Regierung. Bei der Bundestagswahl vor einem Jahr mit 10,7 % nur fünftstärkste Kraft liegen sie bei neuesten Umfragen gleichauf mit der SPD bei 24 % und werden lediglich von der CDU überflügelt. Ein beachtlicher Erfolg und Beweis wie man von Krisen profitieren kann.

Wo die Partei früher höchstens bei unprominenten Umweltthemen Gehör fand und als ökologische Randgruppe galt, melden sie heute ihre Sachverständnis in sämtlichen Ressorts an. Und auch wenn sie viele Sympathien nur durch das Prinzip Hoffnung gewinnen, davon profitieren, kaum in Regierungsentscheidungen von Bund und Ländern einbezogen zu sein und die aktuellen Debatten um die Reform des Gesundheitswesens, Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken und Stuttgart 21 zu ihren Stärken zählen, muss man ihnen zugestehen, dass sie im Gegensatz zu CDU, SPD und FDP ihrer Linie treu bleiben und kontinuierlich an ihrem Image feilen.

Egal ob man mit ihrer Politik konform geht oder andere Ansichten vertritt, der fortschreitenden Entwicklung sollte man Respekt zollen. Sie geben, zumindest im Moment, ein gutes Beispiel dafür, wie man mit sachlicher Arbeit und dem Festhalten an seinen Prinzipien Erfolg einheimst und vom geschlagenen Underdog zum Gewinner wird.

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Montag, 20. September 2010
Lars Ytting Bak
Wer den Namen nicht kennt, braucht sich nicht zu schämen. Der 30jährige, dänische Radrennprofi vom amerikanischen HTC-Columbia Team belegte bei der gestern endenden Vuelta a Espana, der dritten dreiwöchigen Straßenrundfahrt des Jahres nach Giro d’Italia und Tour de France, mit einem Rückstand von 4 Stunden, 19 Minuten und 30 Sekunden auf Vincenzo Nibali den letzten Platz der Gesamtwertung. Nichts wovon er später seinen Enkeln erzählen wird, denken sie wahrscheinlich jetzt. Nichts was einem peinlich sein muss, finde ich.

Obwohl er chancenlos zurücklag, warf er nicht das Handtuch, sondern unterstütze seine Mannschaft. Ohne ihn, wage ich zu behaupten, hätte es die Erfolge seines Teams in dieser Form nicht gegeben. Drei Etappensiege von Mark Cavendish, ein Zeitfahrerfolg von Peter Velits und der Gewinn des Mannschaftszeitfahrens stehen zu Buche, dazu der dritte Platz in der Gesamtwertung und das grüne Trikot für den besten Sprinter, an denen er einen maßgeblichen Anteil trug, war es auch „nur“ als Wasserträger und Tempomacher.

91 Stunden, 38 Minuten und 1 Sekunde quälte er sich für seine Kumpanen über 3352,6 Kilometer von Sevilla nach Madrid, um an Ende nirgendwo Erwähnung zu finden. Doch seine Leistung und sein Willen verdienen Anerkennung. Er verinnerliche die Rolle als Helfer und lebte das heute so oft geforderte Teamwork bis zur Erschöpfung aus. In meinen Augen ist er einer der vielen ungerühmten Sieger und soll als Beispiel für die anderen hier seinen Platz finden.

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Samstag, 18. September 2010
O’zapft is!
Das größte Volksfest der Welt öffnete heute um 12 Uhr seine Pforten. Zum 200jährigen Jubiläum werden 6 Millionen Besucher erwartet, die sich an Millionen Mass Bier, Hunderttausenden Brat- und Weißwürstl, Hendl, Brezn und Ochsensemmeln laben werden.

Viele aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis kämen niemals auf die Idee in ein Dirndl oder eine Lederhose zu schlüpfen und sich den Saufgelagen auf der Wiesn hinzugeben, denn genau darum geht es ihrer Meinung nach auf dem Oktoberfest. Wahrscheinlich trifft ihr vorgefasstes Urteil bei einem nicht geringen Anteil des Publikums zu, aber darf man deswegen die ganze Meute verdammen? Wer Spaß am exzessiven Feiern und Schunkeln hat, soll sich doch ruhig sorgenlos in sein Element stürzen und sich die Laune nicht von irgendwelchen Nörglern verderben lassen.

Ich halte ebenfalls nicht viel von schweißgetränkter, enger Bierzeltatmosphäre, uferlosem Alkoholgenuss und andauerndem, unwilligem Körperkontakt mit Betrunkenen. Was ich aber sehr schätze, ist Teil von etwas Großem zu sein und im Meer der Freude mitzuschwimmen, mit Fremden anzustoßen und zu wissen, dass sie aus demselben Grund hier sind, um Spaß zu haben, und den lass ich mir von keinem Moralapostel verderben.

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Donnerstag, 16. September 2010
In dubio pro reo
Wie oft verurteilen wir jemanden anhand der unbewiesenen Aussage einer Zeitung, eines Freundes oder Kollegen, bevor wir seine Sichtweise gehört haben? Wird ein Name im Zusammenhang mit einer verwerflichen Tat genannt, bilden wir uns häufig viel zu schnell ein vernichtendes Urteil, sowohl im kleinen Kreis, wie über den Verursacher eines Streits in der Nachbarschaft, als auch im großen Stil, zum Beispiel über einen angeklagten weltweiten Umweltverbrecher.

Im Zweifel für den Angeklagten verkommt immer mehr zur hohlen Phrase. Die Wahrheit ist bei Weitem nicht so spannend wie ein verworrenes Gerücht und kommt sie doch ans Tageslicht und spricht den Schuldigen frei, wird sie in der öffentlichen Meinung nur als Randnotiz wahrgenommen. Es bleibt stets ein Zweifel an der Rechtschaffenheit des Denunzierten haften, der für ihn schwerwiegende Konsequenzen mit sich führen kann. Im besten Fall sehen ihn seine Mitmenschen schief an, im schlechtesten verliert er seine gesamte Existenz. Wahrscheinlich kennt jeder so einen Fall und wir sollten daraus lernen, Zurückhaltung zu üben.

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Dienstag, 14. September 2010
Sommerregen
Nach einer kurzen Hitzeperiode im Juli besticht die wärmste Jahreszeit durch Wolken und Regen. Wer in den vergangenen Wochen nicht über den schwachen Sommer geflucht hat, muss eine Frohnatur oder ein unverbesserlicher Optimist sein. Fast täglich begegne ich jemandem, der verdrießlich in den Himmel blickt und die Mundwinkel nach unten zieht, Trübsal bläst und seiner Umgebung bei jeder Gelegenheit seinen Verdruss mitteilt.

Auch ich kann mich nicht vollkommen davon freisprechen. Nach meinem persönlichen Geschmack könnte die Sonne das gesamte Jahr über für Temperaturen über 25 Grad und blauen Himmel sorgen. Leider blicke ich gerade im Moment bei 13 Grad Außentemperatur auf eine graue Wand und mir vergeht die Lust, einen Fuß mehr vor die Tür zu setzen als unbedingt notwendig.

Anstatt mir aber dauerhaft die Laune verderben und mich in diesige Depressionen ziehen zu lassen, nutzte ich die Zeit, welche ich nicht im Biergarten verbringe, faul in der Sonne liege oder im Garten schufte und grille, zum Schreiben meines Blogs, meines Romans und meiner Kurzgeschichten und stelle jeden Tag aufs Neue fest, dass ich noch keinen Sommer so produktiv war.

Was ich damit ausdrücken möchte: Lassen sie sich nicht von trüben Aussichten runter ziehen, sehen sie widrige Umstände als Chance, ein neues Kapitel anzufangen, leben sie im Jetzt und träumen sie nicht dauernd von vergangenen, sonnigeren Monaten. Vor allem aber, machen sie häufiger Urlaub an einem tropischen Strand, um diesem miserablen Wetter zu entfliehen, anstatt sich Zweckoptimismus einzureden.

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Sonntag, 12. September 2010
Schiedsrichterfehlentscheidungen
Es kommt jede Woche aufs Neue vor. Abseits wird nicht erkannt oder fälschlicherweise angezeigt, ein Nachtreten nicht geahndet, eine Schwalbe zum Elfmeter gepfiffen, woraufhin die Fans in den Stadien und vorm Fernseher üble Beschimpfungen in die Richtung des Unparteiischen schicken, besonders wenn die eigene Mannschaft benachteiligt wird.

Stellen wir uns einmal vor, diese Fehler würden nicht passieren und jede Entscheidung von elektronischen Hirnen zu 100 % richtig erkannt. Wie viel Dramatik und Diskussionsstoff würden dem geliebten Sport verloren gehen? Ist es nicht gerade das Salz in der Suppe alles besser zu wissen und sich über die scheinbare Unfähigkeit des Schiedsrichtergespanns aufzuregen?

Ich für meinen Teil wünsche mir jede Woche Dramen und Schicksalsschläge auf dem Platz, damit ich meine Freunde und Kollegen aufziehen kann, um nächste Woche selbst Opfer ihres Gespötts zu werden. Ich will mich mit ihnen über strittige Urteile fetzen, um hinterher bei einem Bier alles zu bereinigen. Dabei sollten uns stets vor Augen führen, dass die regelkundigen Herren auf dem Platz nicht mit Absicht heute das eine und nächste Woche das andere Team bevorteilen und es am Ende alles nur ein Spiel ist, bei dem es nicht um Leben und Tod geht, sondern um sehr viel mehr.

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Freitag, 10. September 2010
21,8 %
Um diesen Satz stiegen die Bruttoverdienste der Deutschen im vergangenen Jahrzehnt, dem geringsten im EU-Durchschnitt. Ein Umstand, der für Aufsehen sorgt und Beachtung verdient. Viele sehen die gerechte Entlohnung ihrer Arbeit in Gefahr, verständlich, ein jeder möchte sein geleistetes Tagewerk fair vergütet wissen.

Doch erst einmal sollte man die Zahl in Relation zur tatsächlichen Bezahlung stellen. Es ist schlicht nicht möglich Deutschland, eine der größten Industrienationen, mit aufstrebenden osteuropäischen Staaten zu vergleichen, die ihre Löhne im Durchschnitt um bis zu 600 % anhoben, dazu liegen sie, gemessen an sämtlichen Wirtschaftsfaktoren, zu sehr im Rückstand. Auf dem Lohnzettel jedes Bundesbürgers steht immer noch deutlich mehr, als auf denen der meisten in dieser Studie erfassten Menschen. Aber warum geraten wir gegenüber den anderen Wirtschaftsmächten der EU ins Hintertreffen?

Schauen sie sich einmal an, wie diese Länder die weltweite Wirtschaftskrise überwunden haben, größtenteils gar nicht. Massenarbeitslosigkeit und enorme Staatsschulden treiben viele EU Staaten noch immer dem Abgrund entgegen, während bei uns die Konjunktur auch durch die Jobsicherheit merklich anzieht und uns zum fünft produktivsten Land der Welt macht.

Dem Einzelnen gegenüber ist der niedrige Lohnzuwachs vielleicht nicht fair, aber das Kollektiv macht es stark, und in Zukunft wird man ganz in Ruhe über eine Erhöhung diskutieren können, von der wir alle profitieren.

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Mittwoch, 8. September 2010
Sebastian Vettel
Auf den Shootingstar des deutschen Motorsports und der Formel 1 wird momentan von allen Seiten eingeprügelt. Waren seine Ausfälle und schwachen Platzierungen in den frühen Saisonrennen noch auf die mangelhafte Technik seines Boliden zurückzuführen, häufen sich nun Fahrfehler und Unaufmerksamkeiten, welche ihn wichtige WM-Punkte kosten.

Die Kritik spiegelt die immense Erwartungshaltung an den 23-jährigen wieder. Ganz Deutschland will nichts weniger, als das er in Michael Schumachers Fußstapfen schlüpft, des erfolgreichsten Formel 1 Piloten aller Zeiten. Dabei lassen wir nur zu gerne sein Alter und seine bisherigen, erstaunlichen Erfolge außer Acht. Wem, wenn nicht einem jungen Menschen, sollte man Fehler verzeihen und für gute Leistung loben? Ich jedenfalls zweifle nicht, dass er irgendwann die Weltmeisterkrone überstreifen wird, ob nun in diesem Jahr oder erst in einem der darauffolgenden.

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Montag, 6. September 2010
Wayne Rooney
Ob Tiger Woods, Franck Ribery oder, um bei der englischen Nationalmannschaft zu bleiben, John Terry und Ashley Cole, sie alle betrogen ihre Ehefrau mit einer oder mehreren Geliebten. Nun reiht sich mit Wayne Rooney ein weiterer erfolgreicher Sportler in diese unrühmliche Phalanx ein. Nach britischen Medienberichten ging er vor einem Jahr, als die ihm angetraute sein Kind austrug, in einem Zeitraum von 2 Monaten 7-mal mit einer Prostituierten ins Bett.

Was veranlasst sogenannte Alphamännchen für den schnellen Sex ihre jahrelange Beziehung zu riskieren? Ist es der genetische Trieb, sich zu vermehren, eine charakterliche Schwäche, welche nur Erfolgsmenschen befällt, oder interpretiere ich zu viele meiner vielleicht altmodischen Wertvorstellungen in das Wort Treue hinein und was sie tun, ist eigentlich nur eine Lappalie?

Ich möchte nicht den Moralapostel spielen, aber die Frequenz fremdgeherischer Ehemänner scheint rapide zuzunehmen. Nicht jeder verdient an den Pranger gestellt zu werden und bei manchen war es womöglich ein einmaliger Ausrutscher, der verziehen werden kann, aber 7-mal während der Schwangerschaft seiner Gemahlin, was für eine Ausrede könnte das rechtfertigen?

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Samstag, 4. September 2010
Das deutsche Krankenhauspersonal
Das ganze Land wurde vor einer Woche vom Tod dreier Babys an der Mainzer Uniklinik geschockt. Ein tragischer Unfall, für den ausnahmsweise kein Mitarbeiter die Verantwortung trägt. Heute Patient in einem deutschen Krankenhaus zu sein, heißt von überarbeitetem Personal am Fließband abgefertigt zu werden und das nicht ohne Risiko. Vergessene Operationsbestecke im menschlichen Körper und falsche Medikamentierung sind beinahe an der Tagesordnung und fordern jährlich Zehntausende Leben, von den vermeidbaren Infektionen wegen mangelnder Hygiene ganz zu schweigen.

Wem kann man die Schuld zuschreiben? Natürlich gehen Fehler letztendlich vom Personal aus, aber beim massiven Abbau von Krankenschwestern und Pflegern in den letzten 15 Jahren und der chronischen Überarbeitung der Ärzte muss man tödliche Unfälle einkalkulieren. Kein noch so intensives Studium der Medizin und keine Ausbildung können auf diese unzumutbaren Zustände vorbereiten.

Blicken wir also aufs System, welches Krankenhauspersonal unter unmenschlichen Druck setzt und sie viel zu oft mental destabilisiert, welches das Verhältnis von Ärzten zu Patienten in bedenkliche Tiefen treibt und Fehler mit beängstigender Gelassenheit in Kauf nimmt. Solange sich nichts Grundlegendes ändert, werden wir weiter mit Schreckensmeldungen über fälschlich amputierte Gliedmaßen, unnötig verabreichte Medikamente und natürlich dem Tod konfrontiert.

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Donnerstag, 2. September 2010
Thilo Sarrazin
Wie kann es ein Mann mit solch zweifelhaftem Gedankengut in Politik und Wirtschaft so weit bringen? Die Frage beschäftigt mich seit Tagen und eine Antwort liegt in dichtem Nebel. Schon immer tat sich Thilo Sarrazin als polemischer Provokateur hervor, aber mit seinen diffamierenden Außerungen zu Migranten hat er die Linie zur Geschmacklosigkeit endgültig überschritten.

Was ihn geritten hat, diese seine Meinung in einem Buch zu veröffentlichen, verstehe wer will. Ob es nun sein eigener Antrieb war oder er schlecht beraten wurde, mit nichts auf der Welt können seine Worte entschudligt werden. Was glaubt er mit ihnen zu erreichen? Musste ihm nicht klar gewesen sein, welche Reaktion er gerade in Deutschland entfacht?

Mein Entsetzen über sein geistloses Werk ist einfach riesig. Noch größer wird es, wenn ich bedenke, dass seine Gesinnung sicher nicht von heute auf morgen zum Vorschein getreten ist und es ihm unter anderem gelang in den Berliner Senat und den Vorstand der Deutschen Bundesbank zu rücken. Wer immer ihm zu seinen jetzigen und vergangenen Positionen verhalf, sollte sich selbst einmal kritisch hinterfragen.

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Dienstag, 31. August 2010
Egoismus
Dem Eigennutz haftet stets eine negative Wertung an. Wer auf seinen eigenen Vorteil aus ist, wird schnell mit einem schiefen Blick bedacht oder gleich ins Abseits gestellt. Von unseren Mitmenschen erwarten wir Rücksicht und Hilfsbereitschaft, dabei kann sich niemand davon freisprechen und das ist auch gut so.

Natürlich ist eine soziale Verhaltensweise grundsätzlich richtig, aber jeder Mensch sollte sich ab und zu den Luxus gönnen, sein eigenes Wohl zur Priorität zu erklären. Es kann nicht gesund sein, stets die Wünsche seiner Nächsten zu erfüllen und selbst im Unglück zu baden. Nennen sie es Selbstverwirklichung oder einfach eine Pause vom Alltag, aber seien sie gelegentlich selbstsüchtig. Wer es ihnen übel nimmt, ist ein Heuchler, denn jeder tut es.

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Sonntag, 29. August 2010
Fluffig, schaumig, cremig.
Sie heißen unter anderem Lafer, Schuhbeck, Herrmann und Kleeberg und predigen mittlerweile fast täglich auf allen Kanälen ihre Kochkünste. Wohin man auch umschaltet, irgendwo reckt ein Kochlöffelschwinger seine Nase in die Kamera und schwärmt von schlotzigen Risottos, schäumenden Soßen und sahnigen Desserts. Läuft einem bei den ersten Malen das Wasser im Munde zusammen, fragt man sich bald, ob nun jede Suppe aufgeschäumt und jedes Püree durch ein Sieb gestrichen werden muss.

Was ist falsch daran, beim Essen seine Zähne zu benutzen, seine Kartoffeln lieber als Stampf zu mögen und die Frikadelle dem oft zitierten Bremsklotz gleicht? Warum ein Soufflé backen, wenn einem der Schokoladenkuchen besser mundet? Mir persönlich ist der Genuss wichtiger, als darauf zu achten, jede konsistenzlose Masse mit einem Strohhalm einsaugen zu können, und dazu gehört das Erlebnis im Mund meine Mahlzeit zu zerkauen.

Ich möchte die Sterneküche nicht verunglimpfen, aber ab einem gewissen Punkt gleichen sich die Gerichte der „gehobenen“ Küche in einem Maße, dass man sich nach Abwechslung sehnt, nach einem guten Teller Eintopf, dessen Gemüsestücke nicht auf den Millimeter zugeschnitten sind, und nach einem Schnitzel, das nicht hauchdünn paniert ist, mit Bratkartoffeln, die keinen Schönheitswettbewerb gewinnen.

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Freitag, 27. August 2010
Joachim Löw
Der Coach der deutschen Nationalmannschaft baute in den vergangenen 4 Jahren ein Team der Zukunft auf, wurde in Österreich und der Schweiz Vizeeuropameister und Dritter der Weltmeisterschaft in Südafrika. Statistisch gesehen ist er mit 39 Siegen, 9 Unentschieden und 9 Niederlagen der erfolgreichste Bundestrainer aller Zeiten und verdient sich im Moment trotzdem den Platz in meiner persönlichen Verliererliste.

Seit Philipp Lahms Bekenntnis, nach der Rückkehr von Michael Ballack die Kapitänsbinde behalten zu wollen, weigert er sich beständig, Stellung zu diesem brisanten Thema zu beziehen. Nicht nur das, geht er mit der Nichtnominierung des bisherigen Spielführers für die ersten beiden Spiele in der EM-Qualifikation einer Entscheidung konsequent aus dem Weg und weckt den Eindruck eines Drückebergers.

Hofft Löw, dass ihm die Entscheidung von jemand abgenommen wird? Dass sich einer der Spieler dauerhaft verletzt oder Ballack nicht zu seiner Form zurückfindet? Für mich zeugt es jedenfalls von einer extremen Führungsschwäche, gerade diese immens wichtige Problematik mit auffälliger Zurückhaltung anzugehen.

Sein zögerliches Verhalten führt zu berechtigten kritischen Medienberichten, die niemandem helfen und die Krise unnötigerweise dramatisieren und verschärfen. Seine Spieler werden sein Verhalten als Schwäche auslegen und er untergräbt seine eigene Autorität, womit er möglicherweise der Entfaltung seiner eigenen Philosophie im Wege steht und die fortgesetzte positive Entwicklung behindert. Ich weiß nicht, wie Herr Zwanziger die Situation wahrnimmt. Mein Chef würde sich jedenfalls nicht solange die Gefährdung seiner unternehmerischen Ziele ansehen.

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